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Hagelschutz, 29.10.2015

HAGELNETZE IM APFELANBAU – WIRTSCHAFTLICH BETRACHTET

Diese Ertragssicherung zieht einen entsprechenden Investitionsbedarf nach sich. In diesem Artikel werden die Kosten verschiedener Varianten beispielhaft erläutert und verglichen.

Betriebe mit hoher Kundenbindung sollten kontinuierlich gute Qualitäten liefern.

Betriebe mit einer hohen Ausstattung an Gebäuden und Maschinen müssen dafür sorgen, dass die vorhandenen Kapazitäten ausgelastet sind. Als dritte Gruppe gesellen sich die Betriebe hinzu, die einen sehr hohen Aufwand an Kulturmaßnahmen betreiben. Diese Arbeit soll sich lohnen und nicht durch witterungsbedingte Einflüsse zunichte gemacht werden. Deshalb wird der Kulturschutz durch den Bau von Hagelnetzen interessant. Diese Ertragssicherung zieht einen entsprechenden Investitionsbedarf nach sich. In diesem Artikel werden die Kosten verschiedener Varianten beispielhaft erläutert und diese mit
der Hagelversicherung verglichen.
 

Material, Säulenabstand und Säulenhöhe bestimmen die Kosten

Grundsätzlich ist die erste Entscheidung zu treffen, ob Holz- oder Betonsäulen verbaut werden. Da die qualitativ hochwertigen Holzpfähle nicht immer verfügbar sind, können die Preise stark schwanken. Die Haltbarkeit ist nicht so lang wie bei Beton. Die Betonsäulen müssen exakter in der Flucht installiert werden, da sie nicht ganz so elastisch auf Wind reagieren. Die Entscheidung für Beton statt Holz zu wählen kostet ca. 1.500 €/ha mehr.
Das Hagelnetzsystem ist bei Wind und Sturm stabiler, je enger der Pfahlabstand gewählt wird. Folglich wird mehr Material verbraucht. Bei einer Reihenlauflänge von 2.860 m (1 ha Nettofläche, bei rechtwinkliger Anlage mit 130 m und 22 Reihen) werden für das Gerüst ca. 40 Pfähle mehr verbaut. Hinzu kommt das zugehörige Befestigungsmaterial. Der engere Pfahlabstand auf 8 m schlägt bei Holz mit ca. 1.500 €/ha zu Buche, bei Beton mit 2.000 €/ha.
 
Es wird empfohlen, einen genügend großen Licht- und Luftzirkulationskanal im First zu lassen. Dazu werden höhere Pfähle installiert. Die alternative Bauhöhe auf 4 m wirkt sich mit ca. 600 €/ha aus. Anhaltswerte für die Gerüstkosten im Holz- oder Betonsystem bzw. in 3,5 m oder 4,0 m hoher Bauhöhe gibt Tabelle 1 wieder.
 

Firmenangebote im Vergleich

Vier Firmen haben unverbindlich Angebote für eine Musteranlage (1 ha rechtwinklig, 130 m Reihenlänge, 22 Reihen, 2.860 m Reihenlauflänge, 8.580 qm Nettofläche mit ca. 10.000 qm Netzfläche) erstellt.
 
Im Durchschnitt kostet das Material bei Holzbauweise 15.600 €/ha. Dazu kommt die Montage. Bei Komplettmontage müsste mindestens 11.000 €/ha einkalkuliert werden. Der Eigenbau erfordert bei dem ersten Mal eine fachkundige Unterstützung. So können Fehler vermieden werden, die das System entweder früher zum Verschleiß führen oder instabil machen. Außerdem arbeiten die Spezialtrupps aufgrund vorliegender Erfahrung zügiger und genauer. Deshalb ist hier für die Montage zusammen 40 h Fachpersonal inkl. Pfahldrücken eingerechnet. Zusätzlich ist unter Anleitung mindestens weitere 250 h mit eigenen Mitarbeitern zu leisten. So ergeben sich Montagekosten von 3.800 €/ha bei 10 €/h für Aushilfskräfte und 45 €/h für Lohnunternehmer. Falls irgendwelche Garantien für die Montage oder Netze gegeben werden, sollten die darin enthaltenen Bedingungen genau geprüft werden.
 
Das Betonsystem benötigt für Säulen höhere Kosten und die Erstellung ist ebenso etwas aufwändiger. Deshalb liegt der durchschnittliche Materialwert bei 16.100 €/ha und inkl. der Montage bei 22.300 € (s. Abb. 1).
 
Das Stützgerüst mit Säulen, Ankern, Einsinkplatten, Kappen machen die Hälfte, die Verspannung ein Viertel der Materialkosten aus. Das Netz liegt im Schnitt bei 0,30 €/qm überbauter Fläche. Kommen die Clips zum Verschließen des Firsts und der Traufe hinzu, liegt der Wert bei 0,50 €/qm Nettofläche. Bei Spezialimprägnierung (BrändlinSystems GmbH) kann der Wert auf 0,69 €/qm steigen.
 
Der direkte Vergleich ist aufgrund der unterschiedlich eingesetzten Materialen nur ein Orientierungswert. Z. B. Handelt es sich bei den Betonsäulen innen um 7 x 7 cm (4 x 3 D) und außen 9 x 9,5 cm (6 x 3 D) (Brändlin, Frutop). BayWa verwendet stärkere Pfähle von 8,5 x 8,5 cm (4 x 3 D) innen und baut bei den Kappen eine Sicherheitsvariante mit Metallhaube ein, welche pro ha ungefähr 1.000 € Mehrkosten verursachen. Van Nifterik wählt insgesamt stärkere Pfähle. Hinzu kommen weitere angebotene Materialien, z. B. so genannte Kauschen oder Schellen und Seilklemmen, die wieder verwendet werden können. Deshalb können diese Werte als Orientierung zurate gezogen werden, aber letztendlich entscheidet das konkrete Angebot für die jeweilige Fläche. Für die Musteranlage ist das Vorgewände nicht eingenetzt. Es wird geschätzt, dass die Kosten dadurch um ca. 1.500 €/ha steigen. Die Nutzung des Vorgewendes über den Weg hinaus entfällt dann, aber es können u. U. Schädlinge abgewehrt werden.
 
Unterschiedlich sind auch die Angaben zum Transport der Pfähle. Je nach Spedition kann dies zwischen 500 € und 1.500 € pro Fuhre liegen.
 

Grunddaten der Wirtschaftlichkeitsrechnung

Die Grundlage der folgenden Berechnungen ist in Tab. 2 dargestellt. Die Erstellungskosten des Hagelnetzes liegen bei 22.000 €/ha, wenn nur ein Hektar als Einzelanlage bebaut wird. Bei größeren Schlägen reduziert sich der Aufwand. Es werden Einsparungen an Gerüstkosten von 3.600 €/ha angenommen. Das Hagelnetz muss erstellt, repariert und die Netze bewegt werden, am besten mit einer Arbeitsbühne. Dafür ist anteilig eine Beteiligung von 1.000 €/ha als Anschaffung berücksichtigt. Somit beträgt die Gesamtinvestition 19.400 €/ha. Im ersten Jahr werden Stützgerüst und Verspannung erstellt, im dritten Jahr wird das Netz aufgelegt.
 
Wegen der Nutzungsdauer des Netzes erfolgt die Abschreibung für das Gerüst über 18 Jahre. Die Netznutzung beträgt acht Jahre, wird erst im dritten Jahr aufgelegt, im elften Jahr ersetzt. Für die Abmontage und Entsorgung wird im elften Jahr 800 € vorgesehen, im 18. Jahr muss das gesamte Gerüst abgebaut und entsorgt werden. Der Zinsfaktor liegt bei vier Prozent. Das Netzhandling soll im Frühjahr 8 h/ha und im Herbst 20 h/ha dauern. Die jährliche Reparatur beträgt 1 % der Investitionssumme.
 
Eine Investition wird wirtschaftlich interessant, wenn dadurch Kosten eingespart werden. Dies sind die eingesparten Versicherungsprämien für eine Hagelversicherung. Sie wird im Beispiel konstant mit 9,6 % vom Umsatz einer Apfelanlage (hier: 19.000 €/ha) angenommen, obwohl sie nach jedem Hagelereignis (4., 9., 13. und 17. Jahr) steigen müsste. Berücksichtigt wird in den Hageljahren der zusätzliche Bedarf an Fungiziden, mehr Handarbeit am Baum und für die Sortierung. Unter Umständen geht regelmäßige Marktleistung verloren.
 
Die Kalkulation stellt ausschließlich die Auswirkung des Hagelnetzes auf die Kostenrechnung dar. Auf eine Vermischung mit der Wirtschaftlichkeit einer Apfelanlage wird hier bewusst verzichtet, da die Bewertung der weiteren Faktoren schwierig ist. (s. Abb. 2)
 

Ergebnisse

Die Berechnungsmethode der dynamischen Investitionsrechnung zeigt den Kostenverlauf während der gesamten Nutzungsdauer auf (s. Abb. 3). Sie berücksichtigt dabei die jährlichen Einnahmen und Ausgaben. Einnahmen sind hier die eingesparten Versicherungskosten, Ausgaben die Erst- und Folgeinvestitionen, das Netzhandling und Reparaturansatz. Es wird mit 4 % auf das Investitionsjahr abgezinst.
 
Fallende Kurven bedeuten eine größere Investition, bei steigenden Geraden sind die Einnahmen höher als die Kosten.
 
Der mittlere lange Graph zeigt die Ausgangsbasis für die weiteren Vergleichsszenarien. Außerdem wird hier deutlich, dass eine längere Nutzung um acht Jahre den Endkapitalwert erhöht, aber bis zum 18. Jahr alles gleich bleibt. Im 16. Jahr übersteigen die Kosten die Einnahmen. Eine höhere Versicherungsprämie oder einen Zuschuss durch GMO-Mittel oder einzelbetriebliche Förderung verbessern die Amortisation deutlich (8. bzw. 14. Jahr). Höhere Investitionskosten bzw. einen ersten Hagelschaden im neunten Jahr verschlechtern den Kapitalwert. Eine Amortisation tritt dann in den geplanten 18 Jahren nicht ein.
 

Schützen oder versichern?

Die jährlichen Hagelnetzkosten für Abschreibung, Zinsansatz, Netzhandling betragen zwischen 1.800 €/ha und 2.200 €/ha. Abhängig vom Ertrag/ha kostet das Hagelnetz bei 25 t/ha 0,09 €/kg, bei 35 t/ha 0,06 €/kg, bei 45 t/ha 0,05 €/kg. Wird eine um eine Netzperiode längere Nutzungsdauer unterstellt, verringern sich die Kosten um jeweils 0,01 €/kg (s. Abb. 4).
 
Vergleicht man diesen Wert mit einer Hagelversicherung, hängt es von durchschnittlichen Umsatzerlösen pro ha (Versicherungswert) und vom Hagelrisiko (in Prozent) ab. Die Versicherungsprämie schwankt danach zwischen 0,032 €/kg und 0,084 €/kg (s. Tab. 3) Die Selbstbeteiligung ist nicht berücksichtigt. Liegen die Prämien unter 2.000 €/ha würde sich kostenmäßig eher eine Versicherung lohnen (weitere Aspekte s. Abb. 2).
 

Auf einen Blick

Die Preissituation in der Apfelvermarktung ist nicht kalkulierbar, entsprechend bedeutend ist die Ertragsintensivierung für den Anbauer. Aus diesem Grund erfährt der geschützte Anbau neues Interesse. Höhere notwendige Erträge wirken sich beim Bau von Hagelnetzen wirtschaftlicher aus. Die Gerüstsysteme kosten in der Erstmontage durchschnittlich 22.000 €/ha inkl. Aufbau. Für Betongerüste braucht man mind. 1.000 €/ha mehr. Davon macht das Stützgerüst incl. Verspannung etwa die Hälfte der Kosten aus, Netz und Montage jeweils ein Viertel. Die Investition kostet zusammen 2,25 €/qm Nettofläche, im Jahr sind das ca. 2.000 €/ha. Höhere Prämien oder niedrigere Investitionskosten (z. B. durch Förderung) machen den Kulturschutz deutlich wirtschaftlicher. Geringes Hagelrisiko und höhere Anfangskosten begründen eher den Abschluss einer Hagelversicherung.
 
Bei 35 t/ha ergeben sich Kosten von 0,06 €/kg. Eine längere Nutzung des Stützgerüstes auf 26 Jahre reduziert die Kosten um ca. 0,01 €/kg. Je höher der Ertrag pro Hektar ist, desto niedriger sind beim Hagelnetz die Kosten pro Kilo. Die Hagelversicherung sichert im Schadensfall nur den vorher festgelegten Ertragsausfall ab. Ab einem Umsatz von über 16.000 €/ha bzw. einer Prämie von über 2.000 €/Jahr sollte der Bau eines Hagelnetzes geprüft werden.
 

Dank

Ganz herzlich danke ich den beteiligten Firmen (Brändlin Systems GmbH, BayWa, van Nifterik, Frutop) für die zahlreichen Informationen und Daten, die diese Berechnungen erst möglich machten. 

1975 hat der Vorstand der Fachgruppe Obstbau den Beschluß gefaßt, ab Januar 1976 eine Verbandseigene Fachzeitschrift herauszugeben. OBSTBAU hat sich seitdem zu einer renommierten Fachzeitschrift entwickelt, auf die kein zukunftsgerichteter Betriebsleiter/ Betriebsleiterin verzichten kann. Mit einer Auflage von über 7000 Exemplaren ist OBSTBAU heute die größte überregionale Fachzeitschrift für Obstbau im deutschsprachigen Raum.
 

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1975 hat der Vorstand der Fachgruppe Obstbau den Beschluß gefaßt, ab Januar 1976 eine Verbandseigene Fachzeitschrift herauszugeben. OBSTBAU hat sich seitdem zu einer renommierten Fachzeitschrift entwickelt, auf die kein zukunftsgerichteter Betriebsleiter/ Betriebsleiterin verzichten kann. Mit einer Auflage von über 7000 Exemplaren ist OBSTBAU heute die größte überregionale Fachzeitschrift für Obstbau im deutschsprachigen Raum.
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