Technik Plattform der Fachgruppe Technik

Besucher: 300356
 

Einsatzbereich


Kategorien

Mechanische Schnittgeräte , 23.01.2012

NICHT GLEICH DRAUFLOSKAUFEN!

Überlegungen zu den technischen Anforderungen an eine Baumschnittmaschine für den Einsatz im Obstbau
Die LVWO Weinsberg beschäftigt sich seit dem Frühjahr 2010 ebenso wie viele andere Versuchsanstalten mit dem mechanischen Schnitt von Obstbäumen. Anlässlich einer Lehrfahrt im Rahmen der Ausbildung zum Gärtnermeister Fachrichtung Obstbau nach Frankreich waren wir im Elsass auf das Thema aufmerksam geworden und konnten Kontakte zu französischen Versuchsanstellern knüpfen, die sich bereits seit vielen Jahren mit diesem Thema beschäftigen. Im Sommer desselben Jahres besuchten wir dann eine Maschinenvorführung im Elsass, wo sowohl Schnittmaschinen mit Kreiselrotoren (gezähnte Sägeblätter und Klingenausführung) als auch eine Maschine mit einem Messerbalkensystem vorgeführt wurden.
Bei den Maschinenvorführungen wurden die Vor- und Nachteile der unterschiedlichen Schnitttechniken schnell ersichtlich (s. Abb.1, Tab. 1)
Bei allen Maschinen gleich problematisch war das Umfahren der Hagelnetzstangen mit dem oberen horizontalen Schnittbalken sowie das Verbleiben von abgeschnittenen Ästen und Zweigen im Kopfbereich des Baumes.
 

WAS WOLLEN WIR HABEN?

Wieder zu Hause in Weinsberg starteten wir einen ersten Tastversuch mit einem Doppelmesserbalken, den wir bis dato zum Schnitt von schwarzen Johannisbeeren eingesetzt hatten. Auch hier zeigte sich, dass der Messerbalken zwar sauber arbeitet, dass aber die vorhandene Technik für den Schnitt von Obstbäumen unterdimensioniert war.
Da wir unserer Ansicht nach kein geeignetes Gerät bisher gesehen hatten, entschlossen wir uns, ein solches Gerät nach unseren Vorstellungen bauen zu lassen. Folgende Geräteanforderungen sollten als Grundvoraussetzungen erfüllt werden:
  • Robuster Messerschnitt, kein kreisendes Gerät
  • Verstellbar und so variabel wie möglich (siehe Abb. 3)
  • In mehreren Kulturen einsetzbar (Apfel, Birne, Süßkirsche, Zwetsche, Haselnuss) 
  • Die Einzelkomponenten sollten auch separat zu gebrauchen sein 
  • Frontanbau am Schlepper
In der Firma Fischer Maschinenbau GmbH aus Gemmrigheim am Neckar fanden wir einen kompetenten Partner, der über langjährige Erfahrungen in der Schnitttechnik von Hecken im kommunalen Bereich verfügt. Zudem befindet sich dieses Unternehmen in räumliche Nähe zur LVWO Weinsberg, was bei der Entwicklung des Prototyps von großem Vorteil war. Durch kurze Wege konnten technische Details ebenso schnell vor Ort geklärt werden, wie der Einsatz der Maschine in der Versuchsanlage möglich war.
Wie Abbildung 3 zeigt, sollte der vertikale Messerbalken 2-2,5 Meter hoch und in beide Richtungen neigbar sein. Der Neigungswinkel ist zum einen zur Einstellung der Fruchtmauer beim Einsatz im Apfelanbau nötig (Situation A), zum anderen für den Unterschnitt bei der Straucherziehung der schwarzen Johannisbeere (Situation B). Die Distanz zum Stamm bzw. Strauch regelt der Fahrer über den Abstand des Schleppers zum Gehölz, wie er das von anderen Geräten, wie z. B. bei der Bodenbearbeitung oder dem Stockräumer, gewohnt ist. Für die Höhenbegrenzung der Fruchtmauer beim Apfel sollte das horizontale Messer sowohl in seiner Arbeitshöhe beliebig verstellbar sein (Situation C), als auch in seinem Neigungswinkel bis zu 90 Grad drehbar sein (Situation E). Der verstellbare Neigungswinkel dient ebenso wie das angeschraubte Räumblech dazu, dass abgeschnittene Zweige nicht in den Baum hineinfallen, sondern außerhalb der Baumkrone zu Boden gehen. Die Kombination beider Messer zu einem einzigen vertikalen Strang ist für hohe Baumformen gedacht. Allerdings ist hier dann für die Höhenbegrenzung ein zweiter Arbeitsgang erforderlich.
 

ROBUST UND PRAKTIKABEL

Die schwierigste Arbeitssituation ergibt sich für den horizontalen Messerbalken, wenn er Gerüststangen wie z. B. bei Hagelnetzen ausweichen muss (Situation D). Hierbei wurde bewusst auf den Einsatz eines Tastarmes zur automatischen Ausrückung, wie er z. B. bei Mulchgeräten verwendet wird, verzichtet. Ein Tastarm kann nicht zwischen dicken Ästen und einem Gerüstpfahl unterscheiden. Das ist Aufgabe des Schlepperfahrers, der von seiner Kabine aus den Einsatz des horizontalen Balkens manuell steuern muss. Die Messerbalken der Firma Fischer werden bereits seit vielen Jahren im kommunalen Heckenschnitt (z. B. straßenbegleitendes Grün) verwendet. Sie stammen ursprünglich aus dem Einsatzbereich bei Mähdreschern. Es handelt sich nur um ein Messer, welches zwischen zwei Fingern hin und her bewegt wird (siehe Bild). Die Klingen sind nicht genietet, sondern geschraubt, was Reparaturen im Feld wesentlich erleichtert. Auf die Spitze des längeren Fingers ist eine Rundung aufgeschweißt, die dafür sorgt, dass Zweige oder Äste nicht aufgespießt, sondern zur Seite und damit dem Messer zugeführt werden (s. Foto 4). Die Messerklingen sind gezähnt und haben dadurch und mit den zwei Fingern zusammen den nötigen „Biss" die zugeführten Äste festzuhalten und sauber zu durchtrennen. Der Antrieb des Messers erfolgt über einen Ölmotor, der an verschiedene Stellen des Messers plaziert werden kann. Es können problemlos Äste bis zu einer Schnittdicke von 3 cm durchtrennt werden.
Als Trägersystem und zur Höhenverstellung kommt ein einfacher Gabelstapler-Vorbau zum Einsatz, an welchem zum einen die Trapezwippe zum Ausweichen von Gerüststangen und zum anderen der Hydraulikzylinder für die Verstellung des Neigungswinkels des horizontalen Messers befestigt sind. Die einzelnen Komponenten können auch separat voneinander genutzt werden (z. B. nur Einsatz des vertikalen Messers). Dazu wird einfach der nicht benötigte Teil abgebaut.
Der noch etwas klobig anmutende Prototyp der LVWO Weinsberg (s. Abb. 5) wurde in der Folgeversion deutlich kompakter und vor allem dichter an den Schlepper angebaut. Die Bezeichnung der Serienversion lautet mittlerweile BSF (BaumSchnittmaschine Fischer). Durch ein Baukastensystem ist die Ausstattung beliebig verkleinerbar (z. B. nur Vertikalmesser) oder es können auch Baukomponenten mit eingebracht werden, die sich bereits auf den Betrieben befinden (z. B. Gabelstapler im Schlepperanbau). Dadurch ist für jeden Betrieb eine individuelle und seiner Kostenstruktur entsprechende Lösung möglich.  
 

Medium

1975 hat der Vorstand der Fachgruppe Obstbau den Beschluß gefaßt, ab Januar 1976 eine Verbandseigene Fachzeitschrift herauszugeben. OBSTBAU hat sich seitdem zu einer renommierten Fachzeitschrift entwickelt, auf die kein zukunftsgerichteter Betriebsleiter/ Betriebsleiterin verzichten kann. Mit einer Auflage von über 7000 Exemplaren ist OBSTBAU heute die größte überregionale Fachzeitschrift für Obstbau im deutschsprachigen Raum.
Werbung