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Grubber & Kreisleggen, 14.10.2013

SAISONALE BODENPFLEGE IM WEINBAU TEIL I

Die Bodenpflege ist ein wichtiger Bereich der Traubenproduktion. Ihr Einfluss auf Ertrag, Erntezustand und Weinqualität ist unbestritten.
Die Bodenpflege ist ein wichtiger Bereich der Traubenproduktion. Ihr Einfluss auf Ertrag, Erntezustand und Weinqualität ist unbestritten. Die Kunst besteht darin, im Verlauf des Jahres die Arbeiten so zu terminieren, dass die Reben bedarfsgerecht mit Wasser und Nährstoffen versorgt werden und Stress vermieden wird. Der erste Beitrag des Autors befasst sich mit den saisonalen Voraussetzungen der Bodenarbeit.
 
Fachgerechte Bodenarbeit setzt nicht nur gute Kenntnisse der verfügbaren Geräte und Arbeitsverfahren voraus, sondern auch die Berücksichtigung der lokalen klimatischen und bodenkundlichen Gegebenheiten. Deshalb gibt es auch keine Patentrezepte. Was für den einen Standort richtig ist, kann für einen anderen nachteilig sein. Und was sich in einem Jahr bewährt, kann im Folgejahr zu intensiv oder zu extensiv sein. Wichtigstes Ziel der Bodenarbeit ist neben einer guten und steten Befahrbarkeit der Rebanlage die Bereitstellung eines ausreichenden Wasser- und Nährstoffangebots. Dabei besteht ein enger Zusammenhang zwischen Bodenfeuchtigkeit, Zeitpunkt und Intensität der Bearbeitung sowie der Stickstoffverfügbarkeit.
 

Begrünung bis Abdeckung

Im Weinbau kommen hauptsächlich drei Bodenpflege-Regimes zum Tragen: Begrünung, Offenhaltung und Abdeckung. Bei der Begrünung wird zudem zwischen Dauer- und Teilzeitbegrünung sowie eingesäter beziehungsweise natürlicher Begrünung unterschieden. Die Offenhaltung erfolgt in der Regel mechanisch. In schlecht zugänglichen Steillagen wird aber auch ein ganzflächiges chemisches «Abbrennen» durch Blattherbizide praktiziert. Eine Abdeckung kommt vorwiegend auf trockenen und/oder erosionsgefährdeten Standorten zur Anwendung. Meist werden Stroh oder Holzhäcksel als Abdeckmaterial eingesetzt.
 

Flexibilität tut Not

Der Klimawandel zwingt zum Umdenken. Die Verfahren müssen veränderliche Standortverhältnisse berücksichtigen. Dabei spielen Bodenart, Gründigkeit, Skelettanteil, Wasserspeicher- und Feldkapazität, Ausmass und Verteilung der Niederschläge, aber auch Temperaturverlauf und Sonneinstrahlung, Hangneigung, Exposition, Erosionsanfälligkeit und Befahrbarkeit eine Rolle. Man wird sich von starren Bodenpflegeroutinen lösen müssen. Neue und zum Teil extreme Witterungssituationen verlangen nach Flexibilität.
 

Bodenpflege im Frühjahr

Die Bodenpflege im Frühjahr und Frühsommer muss zum Ziel haben, die Bodenwasservorräte zu schonen, den Trockenstress zu reduzieren und die N-Versorgung für die Vegetation sicherzustellen. Offene Gassen sollen nur flach bearbeitet werden (Abb. 1). Die Bearbeitung dient in erster Linie der Zerstörung der Bodenkapillarität und reduziert so die Verdunstung. Weiter werden der Unkrautbewuchs reguliert und die Mineralisierung angeregt. Von einer häufigen und vor allem tieferen Bearbeitung (> 15 cm) ist abzuraten. Erhöhte N-Freisetzungen und eine höhere Wasserverdunstung sind die negativen Folgen. Die Winter-Wasservorräte im Boden müssen geschont werden, damit die Reben gegebenenfalls Trockenphasen im Sommer besser überstehen. Die modernen Universalgrubber mit starren Werkzeugen und die heute übliche hohe Motorleistung der Traktoren verleiten allzu leicht zu einer übertrieben tiefen Bearbeitung. Der Zeitpunkt muss sich am Stickstoffbedarf der Reben orientieren (Abb. 2). Hierfür ist normalerweise eine erste Bearbeitung beim Austrieb (oder kurz danach) und eine zweite bei Erbsengrösse der Beeren bis zum Traubenschluss vollkommen ausreichend.
 

Nicht Unterwuchs «ankurbeln»!

Dauerbegrünungen sind kurz zu halten, um den Wasserverb rauch einzuschränken. Stickstoffdünger auf Dauerbegrünungen fördern in erster Linie den Unterwuchs und damit den Wasserverbrauch. Erst über die Mineralisierung des Mulchguts kommt der Stickstoff an die Rebenwurzeln. Dieser Zeitpunkt ist aber nicht steuerbar. In trockenen Sommern ist die Mineralisierung stark eingeschränkt. Folgt ein nasser Herbst, wird sie dann einen unerwünschten Stickstoffschub auslösen. Deshalb nicht die Begrünung «füttern», sondern den Stickstoff gezielt an die Reben bringen. Denkbar ist die Ablage des Düngers nur im Unterstockbereich oder eine AHL-Un-terflurdüngung (Ammonium-Depotdüngung) nachdem CULTAN-Verfahren.
Auf Standorten, die zuTrockenstress neigen, kann auch eine Störung der Begrünung mit Flügelscharen, Scheibeneggen, Spatenrolleggen, Zinkenrotoren, Fräsmessern oder Mulchwalzen sinnvoll sein. Allerdings muss dieser Eingriff frühzeitig (vorbeugend) erfolgen. Hat bereits Trockenheit eingesetzt, sind die Werkzeuge kaum noch in der Lage, in die verhärteten Böden einzudringen. Ausserdem ist bei bereits sichtbarem Trockenstress mit dieser Massnahme kaum noch eine Besserung erreichbar.
 

Bodenarbeiten im Hoch- und Spätsommer

Bei der Bodenpflege im Hoch- und Spätsommer stehen andere Ziele im Vordergrund: Neben der Schonung der Bodenwasservorräte muss nun darauf geachtet werden, dass die Mineralisierung nicht zu sehr gefördert wird. Starke N-Freisetzungen in der Reifephase wirken sich negativ auf die Traubengesundheit aus. Deshalb Bodenbearbeitung nur flach und bei anhaltender Trockenheit zur Störung der Kapillarwirkung. Bei ausreichender Bodenfeuchte ist ein geringer Unterwuchs zu tolerieren. Ist er zu stark oder zu hoch, muss er abgemulcht werden. Das Mulchgut wird aber nicht eingearbeitet, um die Mineralisierung nicht anzuregen. Alternativ kann starker Unkrautbewuchs auch mit einem Blattherbizid abgespritzt werden. Dies ist dort zu befürworten, wo ein Mulcher nicht einsetzbar ist.

Erosionsschutz
Beide Verfahren (Abmulchen oder Abspritzen des Unkrautbewuchses) sind einer Spätsommerbearbeitung des Bodens vorzuziehen.
  • Der Erosionsschutz wird verbessert. Die Fliessgeschwindigkeit des Wassers am Boden wird gebremst, die Sickerungsrate erhöht und das Wurzelwerk des Unterwuchses bildet zudem ein stabiles Schutznetz für abschwemmgefährdete Bodenteilchen.
  • Die Mineralisierung wird kaum angeregt. N-Schübe in der Reifephase können dadurch vermieden werden und ein Bewuchs, ob abgemulcht oder abgespritzt, bietet einen besseren Schutz des Bodens vor Austrocknung bei starker Besonnung.
  • Ab Traubenschluss ist jede Bodenbearbeitung einzustellen. Offene Zeilen natürlich bewachsen lassen oder zwischen Anfang August und Mitte September eine Winterbegrünung einsäen. Eine tief gehende Saatbettvorbereitung ist jedoch zu unterlassen.

Winterbegrünung
Eine Winterbegrünung jeder Zeile, ob eingesät oder spontan, ist auch in niederschlagsarmen Gebieten ein Muss! Sie reduziert Freisetzungen von Nitrat-N im Herbst und Winter und bindet andererseits Nitrat-Stickstoff, wodurch die Auswaschung minimiert wird. Je nach Wuchs müssen eingesäte Winterbegrünungen im Lauf des Frühjahrs rechtzeitig gemulcht werden. Die Mulchschicht kann einige Zeit liegen bleiben, um die Wasserverdunstung des Bodens zu reduzieren und auflaufenden Unkrautbewuchs vorübergehend zu unterdrücken. Eine spätere flache Einarbeitung fördert die Mineralisierung und unterstützt die Nährstoffversorgung der Reben während des Sommers. In vielen Fällen ist so eine Düngung überflüssig.
Natürliche Begrünungen können im April mit Grubber, Scheibenegge, Kreiselegge oder Fräse flach eingearbeitet werden. Hinsichtlich Nährstoffverfügbarkeit und -freisetzung ergeben sich je nach gebildeter Biomasse gleiche Vorteile wie bei einer eingesäten Winterbegrünung.
 

Keine Bodenarbeit im Herbst!

Die grössten ökologischen Schäden werden bei der Herbst- und Winterbodenbearbeitung angerichtet. Nach wie vor gibt es Winzer, die Weinbergböden vor oder nach der Lese nochmals bearbeiten (Abb. 3). Meist dazu noch intensiv und tief. Dies leistet nicht nur der Erosion Vorschub, sondern wegen der vorausgesagten, zunehmend wärmeren und feuchteren Winter werden auch die Mineralisierung und damit die N-Freisetzung erhöht. Da in diesem Zeitraum Pflanzen kaum Stickstoff aufnehmen beziehungsweise (nach Bearbeitung) gar kein Bewuchs vorhanden ist, der Stickstoff einlagern könnte, ist eine höhere Nitrat-Auswaschung vorprogrammiert.
Abbildung 4 zeigt die langfristig negativen Folgen einer Bodenbearbeitung auf einem Lehmboden des Staatsweinguts in Bad Kreuznach. Der Humusgehalt des Bodens ist von ursprünglich 3.2% innerhalb von 20 Jahren auf 2.7% im Jahr 2013 gesunken. Gleichzeitig betrug der Bodenabtrag in der Gassenmitte 10 bis 15 cm. Besonders auf leichten, gut erwärmbaren Böden sind die Humus-Abbauraten hoch. Neben Stickstoff werden auch grosse C02-Mengen an die Atmosphäre abgegeben. Abbildung 5 zeigt die Zusammenhänge.
 

Austrocknungsgefährdete Lagen

An sonnenexponierten Standorten mit leichten, gut erwärmbaren Böden wird die Klimaerwärmung besonders deutlich spürbar. Zuviel Sonneneinstrahlung, starke Bodenerwärmung und hohe Wasserverdunstung bei schlechter Bodenwasserspeicherung werden den Reben zusetzen. Die Erhaltung solcher (grösstenteils qualitativ sehr wertvoller) Reblagen setzt eine Verminderung der Evapo-Transpiration und der Sonneneinstrahlung sowie die Erhöhung der Wasserspeicherung voraus. Abdeckungen mit grobem N-armen organischen Material wie Holzhäcksel oder Stroh konservieren die Bodenfeuchte, vermindern den Oberflächenabfluss und regulieren die Bodentemperaturen. Deshalb werden auf solchen Standorten Abdeckungen eine Schlüsselfunktion einnehmen, sofern keine Tröpfchen-Bewässerung realisierbar ist. Versuche von Prior (DLR RNH, Oppenheim) zeigen, dass eine Holzhäckselabdeckung in Steillagen sogar meist zu einer besseren Wasserversorgung führt als eine Bewässerung mit wöchentlichen Gaben bis 12 L pro Rebe im Sommer.
Wegen sich häufender Witterungsextreme wird eine erosionshemmende Bodenpflege immer wichtiger.
Mildere und feuchtere Winter erlauben eine höhere Mineralisationsrate in dieser Jahreszeit. Offene Böden im Winter sind aus Sicht des Boden-, Klima- und Naturschutzes nicht vertretbar.
 

Merkpunkte

Die Klimaerwärmung zwingt zum Umdenken.
Das Bodenpflegesystem muss die Standortsvoraussetzungen und aktuellen Witterungsverhältnisse berücksichtigen.
 
 

Medium

Die Schweizer Zeitschrift für Obst- und Weinbau (SZOW) verbreitet die Forschungsresultate von Agroscope, der deutschsprachigen Forschungsinstitute und der Fachorganisationen im Reb- und Obstbaubereich. Die wissenschaftlichen Artikel behandeln Themen im Bereich Rebbau, Önologie, Obstbau, Obstverarbeitung sowie Lebensmittelqualität und -sicherheit.
Die in deutscher Sprache erscheinende Zeitschrift enthält französischsprachige Zusammenfassungen der Fachbeiträge. Sie erscheint zweimal pro Monat und richtet sich vor allem an Produzenten, Berater, Lehrpersonen, Bibliotheken, Handelsunternehmen sowie interessierte Laien. Herausgeber der SZOW ist der Verein Publikationen Spezialkulturen (VPS) mit Sitz in Wädenswil, Schweiz.
 
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